Artikel 20: Vom Glauben und guten Werken
Den Unseren wird in unwahrer Weise nachgesagt, dass sie gute Werke verbieten. Denn ihre Schriften über die Zehn Gebote und andere beweisen, dass sie von rechten christlichen Ständen und Werken einen guten nützlichen Bericht und eine Ermahnung hinterlassen haben.
Darüber hat man früher wenig gelehrt; sondern man hat in allen Predigten vor allem zu kindischen, unnötigen Werken, wie Rosenkränze, Heiligenverehrung, Mönch werden, Wallfahrten, Fastenordnungen, Feiertage, Bruderschaften usw. angetrieben.
Weil nun die Lehre vom Glauben, die das Hauptstück im christlichen Wesen ist, lange Zeit nicht betrieben worden ist, sondern überall allein die Lehre von den Werken gepredigt wurde, ist von den Unseren folgende Unterrichtung gegeben worden: Erstlich, dass unsere Werke uns nicht mit Gott versöhnen und uns nicht Gnade erwerben können, sondern das geschieht allein durch den Glauben.
Wer nun meint, das durch Werke zu erreichen und dadurch Gnade zu verdienen, der verachtet Christus und sucht einen eigenen Weg zu Gott gegen das Evangelium.
Ferner wird gelehrt, dass gute Werke geschehen sollen und müssen, aber nicht, dass man darauf vertraut, durch sie Gnade zu verdienen, sondern um Gottes willen und zu Gottes Lob. Der Glaube ergreift immer nur die Gnade und die Vergebung der Sünde.
Und weil durch den Glauben der Heilige Geist gegeben wird, darum wird auch das Herz befähigt, gute Werke zu tun. Deshalb ist diese Lehre vom Glauben nicht zu schelten, dass sie gute Werke verbiete, sondern vielmehr dafür zu rühmen, dass sie lehrt, gute Werke zu tun, und Hilfe anbietet, wie man zu guten Werken kommen kann.
Denn außer dem Glauben und außerhalb von Christus ist menschliche Natur und Vermögen viel zu schwach, gute Werke zu tun. Solche hohen und rechten Werke können ohne die Hilfe Christi nicht geschehen, wie er selbst sagt: "Ohne mich könnt ihr nichts tun" (Joh 15, 5).